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31. August

Cassville, WI - Dubuque, IA

Distanz: 57 Km
Streckenprofil: H.Ü.G.E.L.I.G !!!
Wetter: sonnig
Temperatur: 10/21° C


Kein Frost heute nacht. Immerhin. Als wir um 07:55 das Sand Bar Motel in Cassville verlassen, ist die Temperatur knapp über dem Gefrierpunkt. Auf dem Weg zum Frühstücksrestaurant entdecke ich ein Schild "Cassville Ferry open". Ferry? Während Angie schon mal heißen Kaffee bestellt, fahre ich die paar hundert Meter zur Anlegestelle und sehe gerade noch, wie die Fähre langsam im Nebel verschwindet.


Ich fahre zurück und wir beschließen kurzerhand, nach Iowa überzusetzen und den Mississippi River Trail testweise mal auf der iowanischen Seite zu fahren. Wir frühstücken in "Vogt's Town Pump", wo wir wieder auf jede Menge deutscher Spuren stoßen. Unter anderem auch auf dieses Schild einer Brauerei namens Garten Bräu, das verkündet: "German Character in a Wisconsin Beer."


Iowa erweist sich als genau so hügelig, wie wir es befürchtet hatten. Allerdings sähe es auf diesem Streckenabschnitt auch in Wisconsin nicht besser aus. Da es egal ist, wo wir in der Kälte schwitzen, genießen wir die einsame Fahrt durch dünnst besiedelte Gebiete nach Kräften.


Der Vorteil hoher Hügel ist der grandiose Ausblick, sobald man oben ist. Hier zum Beispiel auf das Mississippi River Valley (ein kleines Stückchen Fluß ist sogar zu sehen) und das sich dahinter erstreckende wisconsinische Land.


Der Nachteil von Hügeln besteht darin, dass sie einen auf Dauer zermürben. Auf der gesamten heutigen Etappe waren höchstens 17,3 Meter eben. Der Rest war entweder auf- oder abwärts. Trotzdem - eine ausgesprochen schöne Etappe. Zum einen wegen der bereits erwähnten traumhaften Panoramablicke, zum anderen wegen der vielen fehlenden Autos. So ruhig hatten wir es bisher nur auf dem Paul Bunyan Trail und der Fußgängerbrücke in Minneapolis.

In Balltown kehren wir im Restaurant Breitbach ein, dem ältesten Restaurant Iowas . Auch hier sind die deutschen Spuren unverkennbar. In Sachen Rechtschreibung ist man seiner Zeit sogar voraus und schreibt in vorauseilendem Gehorsam, was nach der nächsten Rechtschreibreform bestimmt korrekt sein wird.


Mike Breitbach Sr. ist begeisterter (Rad-)sportler und war natürlich neugierig auf unsere Geschichte. Als sich dann herausstellte, dass wir aus Deutschland sind, haben wir die große Tour durch das Haus bekommen und dabei hat uns Mike SEINE wirklich unglaubliche Geschichte erzählt. Es folgt die Kurzfassung.

Am Heiligen Abend 2007 ist das älteste Restaurant Iowas bis auf die Grundmauern abgebrannt. Fast neun Monate lang arbeiteten teilweise bis zu 70 Personen am Wiederaufbau. Alles Freiwillige, alle unbezahlt. Den Gastronomiebetrieb haben die Breitbachs während dieser Zeit im nahegelegenen Geräteschuppen unter unvorstellbaren Bedingungen ohne einen einzigen Ruhetag aufrecht erhalten. Vier Monate nach der Wiedereröffnung brannte das Restaurant erneut komplett ab. Die wenigen Dinge des Orgiginal-Restaurants, die den ersten Brand überlebten, fielen dem zweiten Brand zum Opfer. Mike Breitbach: "Wir wußten nicht, ob wir weitermachen oder aufgeben sollen. Ohne Freiwillige schaffen wir das nicht, aber ich will die Hilfsbreitschaft der Leute nicht noch einmal so lange in Anspruch nehmen. Und bezahlen könnte ich sie niemals." Die Leute haben für ihn entschieden und gemeinsam das Restaurant zum zweiten Mal von Grund auf gebaut. Diesmal ausgerüstet mit einer hochmodernen Sprinkleranlage. Wieder halfen zig Freiwillige monatelang, ohne einen einzigen Cent dafür zu erwarten. Wer mehr (in englischer Sprache) erfahren will, klicke hier.

Kurz vor Dubuque kommt uns eine Radlerin entgegen, bremst, winkt und will unsere Geschichte wissen. 20 Sekunden später lädt sie uns ein, bei ihr zu übernachten. Ruth ist eine pensionierte Lehrerin, ihr Mann Ralph ist Professor für amerikanische Geschichte und ebenfalls im Ruhestand. Zusammen haben die beiden fünf Fahrräder in iherer Garage versammelt. Das Auto steht davor. Während ich am Wohnzimmertisch den Blog tippe, hämmert Ralph einen Artikel für die örtliche Zeitung in seinen Computer.

5 Kommentare:

  1. Bei Eurem Treffen heute mit MIKE krieg ich ja wieder die tränen in die Augen... EINFACH GEIL!

    Nach Hilfsbreitschaft fehlt ein "der" (= Service, wäre froh wenn Leute das bei meinem Blog auch tun würden)

    SCHÖNER TAG - Glückwunsch und DANKE, das Du uns dran teilhaben lässt!

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  2. Muß mich noch mal melden nach Lesen eines Zeitungsartikels zu dem Feuer: Nach der Explusion ging Mensch wieder in das Gebäude und suchte nach Flammen. Als nächster Satz steht dann im Artikel, das nichts zu retten war. Kein Wort - abgesehen von Zeiten - was dazwischen im Detail passierte. DAS interressiert mich! (Die Details wie aus keinen Flammen - Abgebrannt werden konnte)

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  3. Danke für den Fehlerhinweis. Ist behoben. Was die Details zum Brand betrifft: Mike hat wenig vom Brand und fast nur vom Wiederaufbau erzählt. Und die Zeitungen sagen leider nicht mehr als das, was Du oben berichtest ...

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  4. Hallo Hermann,

    prima Foto vom Biergarten, ich lerne schon mal an der neuen Rechtschreibreform - damit liegst du bestimmt richtig - viele schöne Kilometer noch
    herzliche Grüße
    Reinhard

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  5. Hallo Angie, Hermann,
    die Fähre im Nebel verschwindend - das Bild gefällt mir!
    Wir sitzen noch im Garten bei 26 Grad um 21 Uhr - nicht neidisch werden!
    Herzliche Grüße,
    Anita u. Rudi

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