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12. August

Brainerd - Fort Ripley ... und halb zurück



Misstraue der Idylle, sie ist ein Mörderstück. Recht hat er, der André Heller. Nach vier problemlosen Tagen ist heute ist die erste Speiche am Hinterrad gerissen. Natürlich Hinterrad und natürlich in Laufrichtung rechts, was bedeutet, dass ich den Zahnkranz abziehen müsste. Konjunktiv! Wer hat schon einen Abzieher dabei... Nicht mal ich. Und was ein Speichenbruch am Hinterrad zu bedeuten hat, weiß ich von meiner letzten großen USA-Reise im Jahre 2007, wo ich nach einem Bruch der Hinterradachse vier komplette Laufräder verschlissen habe, weil kein adäquater Ersatz zu finden war. Die Ersatz-Laufräder hatten allesamt wenig und/oder zu dünne Speichen. Nur Radhändler in Großstädten sind auf Tourenradler vorbereitet. Was tun? Weil ich generell mit den Plänen A, B und C arbeite, gehe ich morgen zu Plan B über und organisiere einen B.O.B. Trailer, den besten aller Fahrradanhänger.
Schluss mit dem Nervenkitzel: "War das schon wieder eine Speiche oder hat nur jemand auf mich geschossen?"Mit Anhänger (= ohne Packtaschen) reduziert sich die Belastung für das Hinterrad um rund 25 Kilo. Berücksichtigt man auch noch die Extrembelastungen bei Wiegetritt, Auf- und Absteigen sowie in Kurven oder Schlaglöchern, wird es noch mehr. Ich hoffe jedenfalls sehr, dass das reicht. Damals war ich in West-Texas und der nächste Radladen 700 Kilometer in der einen und 430 in der anderen Richtung. Hier sind es nur 30 Kilometer und die Leute sind für Tourenradler ausgerüstet. Wenn aber auch der Anhänger das Problem nicht dauerhaft löst, organisiere ich mir als Plan C ein Laufrad mit 36 Speichen (Das jetzige hat nur 32; ich hätte es wissen müssen!!!) Plan D wäre dann eine Winchester und eine Patrone.

Dabei hatte der Tag so mustergültig begonnen. Ziel für diesen Tag war der Charles Lindbergh State Park in Littel Falls, MN. Vom Motel weg ein ruhiger Radweg parallel zum Highway 371 in Richtung Crow Wing State Park. Etwa 15 Kilometer südlich von Brainerd endet der Radweg dann und wir fahren auf der drei Meter breiten Standspur des Highway 371 gen Süden. An dieser Stelle die erste von zahllosen Lobhudeleien über den amerikanischen Trucker. Als mich der zehnte Riesentruck auf der ÜBERHOLSPUR überholt hat und anschließend wieder auf die rechte Seite gewechselt ist, wurde mir klar: die Trucks fahren wegen uns Radlern auf die Überholspur, um nicht zu dicht an uns vorbeizudonnern! Unglaublich. Gut - in Alabama bin ich zweimal samt Rad in den Straßengraben gerast, um nicht von einem Holzlaster plattgefahren zu werden. Aber das waren die Ausnahmen. Das hier - Ausweichen auf die Überholspur, weil Radler auf der Standspur kriechen - habe ich allerdings auch noch nicht erlebt.


Nach 29 gemütlichen Kilometern bei weniger gemütlichem Gegenwind höre ich das gleichermaßen verhasste wie vertraute Geräusch einer reissenden Hinterrad-Speiche und wußte nach meinen Erfahrungen von 2007 sofort bescheid: 15, maximal 30 Kilometer gehen noch, dann reisst die zweite Speiche und bei einem dritten Speichenbruch kollabiert das Laufrad und die Felge ist nicht mehr zu retten. Ein kurzer Blick in den MRT Guide (ich werde ihm ein Denkmal errichten) macht klar, dass es in Little Falls NULL und in Brainerd DREI Fahrradläden gibt. Also umkehren. Das gelingt uns wegen des 4-spurigen Highways erst in Fort Ripley, einer Metropole mit der stattlichen Einwohnerzahl 74.


Und so kommt es, dass ich jetzt an diesem Bänkchen am Crow Wing Lake sitze, vor mir die versammelte Technik, die ich für diesen Blog brauche. Wer genau hinsieht, erkennt das Notebook mit dem geöffneten Editor und dem Bild von Fort Ripley. Der Campingplatz ist uns beim Vorbeiradeln schon aufgefallen, also werden wir hier zwei Tage Station machen. Ach ja, Notebook minus Internet Ist-Gleich Kein Blog. Ergo bietet dieser Campingplatz WLan. Sie verkaufen zwar kein Bier, dafür kann man zwischen drei WLans wählen. Nun ja, ich hätte heute durchaus auch offline bleiben können, wenn ich stattdessen ein kühles ... Aber morgen ist auch noch ein Tag.
Ich habe bereits mit einem der drei Fahrradläden telefoniert. Morgen früh wird mich das angeknackste Rad hoffentlich noch bis zu "Trailblazer Bikes" in Brainerd tragen, wo ich erstens alle Klein- und Großigkeiten reparieren lasse und zweitens den B.O.B. Trailer bestelle. Die Lieferung ist bis übermorgen zugesagt. Wenn also alles nach Plan läuft bin ich ab Freitag mittag mit einem Radanhänger unterwegs. Ausgerechnet ich, der ich so an meinen geliebten Packtaschen hänge und immer über die Anhänger-Radler spotte.






8 Kommentare:

  1. Hallo Ihr 2 :)

    Zum Glück hängt Ihr in einer Großmetropole fest, da wird das warten auf die Ersatzteile nicht so langweilig..........
    Gruß
    F.H. :-)

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  2. Das ist doch kein Hund da im Hintergrund, oder? Das schaut nicht aus wie ein Hund.


    Viel Spaß mit dem Anhänger

    sagt Oli, der dank Vitamin B keine Mückenstiche in Dänemark davongetragen hat. (Zwengs dem Lachen)

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  3. Liebe Grüße von den "alten" Arbeitskollegen. Macht Spaß Deine Reise zu verfolgen.

    Viele Grüße und pass auf Dich auf
    Patzi

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  4. Hi Hermann,

    Wünschen Dir viel Spass und immer eine Handvoll Boden unter den reifen.

    Grüße aus Rom Monika und Florian

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  5. Ich empfehle ein TRIKE: 20er Räder = stabiler und da deren gleich 3 erst recht. Habe auf 1000 km endlich mal keinen Speichenbruch obwohl zeitweise 45 kg Gepäck, da uich mit dem Trike ab und an auch meinen Stand transportiere..

    Dazu is es viel viel bequemer und Du kommst OHNE Zipperleins 135 km weit statt 100 im Schnitt..

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  6. Es gibt auch einen ebenso guten Nachbau des BOB von Recumbent. Bilder sind in folgenden Posts:

    http://azoren2007.blogspot.com/2007/02/mittwoch-20-dezember-2006-3-tag-auf.html

    http://bp2.blogger.com/_zHW4-Nl7pPg/ReCpfc5nkTI/AAAAAAAAA6o/U15F6IuC9C4/s1600-h/Azoren-103.jpg

    und sicher noch weitere, wenn Du mein Blog durchsuchst..

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  7. orchidee!!!
    liebe grüße aus münchen,
    es macht spaß ihré reise anzusehen , super.

    hoffe wir sehen uns wieder in der goethestraße

    ich wünsche ihnen beiden alles gute weiterhin auf ihrer reise.

    haben gestern ihre karte bekommen!!

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  8. Umdrhen auf 371 - ab durchs Gras auf die Gegenspur!

    Fort Ripley: In dem Ort gibt es trotzdem leckere Burger - nein, kein Burger King, Wendys oder Mc Kotz ect pp sondern ein GRILL und im (Militaer fort ripley das Minnesota military Museum - recht intressant obwohl ich Antimilitarist bin, was ich bei so nem Tipp betonen muss..

    Gegenueber von Crow Wing ne Rest Area wo man trotz 15 minuten Time Limit Schildchen in der Nebensaison ein paar Stunden den ans das Internet angeschlossenen Complimentry PC nutzen kann. Siehe mein Posting von da aus: http://azoren2007.blogspot.com/2010/09/baxter-littel-falls.html

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