Das Buch zur Tour (ANKLICKEN)

16. Oktober

New Orleans, LA - Golf von Mexiko

Tages-Km: 157
Gesamt-Km: 3.930
Streckenprofil: flach
Wetter: bedeckt, bewölkt, leicht bewölkt
Temperatur: 17 / 24° C



Eine lange Avenue des Champs-Élysées

Der letzte Tag der Tour de France ist ein Schaulaufen. Die Entscheidung ist spätestens am vorletzten Renntag gefallen. So ähnlich erlebe ich diesen letzten Tag des Mississippi River Trails: Die Entscheidung ist gefallen, als ich New Orleans erreicht habe. Aber der Mississippi River versickert dort nicht im Sand sondern fließt weiter nach Süden und verzweigt sich in fünf Hauptästen zu einem der größten Mündungsdeltas weltweit. Also werde ich heute radeln, bis es nicht mehr weiter geht.

Die Nacht war scheußlich. Um 01:30 Uhr hat mich ein Gewitter geweckt. Allerdings weder Donner noch Blitz sondern das (verdammt riesige) Hotel hat gezittert. Ich wußte gar nicht, dass Hotels Angst vor Gewittern haben. Im Ernst: Das Donnern war zu spüren, das Gebäude hat vibriert. Von 01:30 bis 03:20 hat das Unwetter getobt und mir jede Chance auf Schlaf geraubt. von 03:21 bis 06:28 habe ich gelesen. Dann bin ich endlich eingeschlafen. Um 06:30 Uhr hat der Wecker geklingelt. Schaulaufen!

Es folgt die kurze Geschichte zur „English Turn Road“, einer 3 Kilometer langen Straße an einem scharfen Knick des Mississippi River, etwa 30 Kilometer südlich von New Orleans:


Im September 1699 schippern die Briten um eben diese Biegung und beschließen - ganz europäische Tradition: „Das ist aber hübsch. Hier lassen wir uns nieder. Das alles gehört ab jetzt uns.“ Allerdings hatten die Briten die Rechnung ohne die Franzosen gemacht, die schon ein wenig früher auf dieselbe Idee gekommen waren. Der Ober-Franzose hat den Ober-Briten davon überzeugt, dass das Empire die Sache verschlafen hat, worauf die Briten ab- und umgedreht sind. Im Gedenken an dieses Gespräch unter Männern hat man die hier verlaufende Straße „English Turn Road“ genannt.

Meine Avenue des Champs-Élysées verläuft die ersten 60 Kilometer parallel zum Deich. Hin und wieder stapfe ich zur Deichkrone hinauf, um die Giganten der Meere zu bestaunen. Wie es der Zufall will, erwische ich ein deutsches Schiff.


Nach der Horror-Etappe von Donaldsonville nach Luling war ich auf das Schlimmste gefasst. Zu meiner großen Freude bin ich jedoch fast alleine unterwegs und habe einen 3 Meter breiten Pannenstreifen ganz für mich. Herrlich!


Je weiter ich nach Süden komme, desto stärker verändert sich die Landschaft. Die Bäume verschwinden und machen Schilf, hohem Gras und Büschen Platz. An manchen Stellen wirkt die Gegend - auf mich jedenfalls - afrikanisch. Nun ja, in Erdkunde war ich noch nie besonders gut.


Ahh! Endlich darf ich Sumpfzypressen einmal im Sonnenschein bewundern! Ich hoffe jedenfalls, dass es tatsächlich Sumpfzypressen sind. Wenn nicht, erkläre ich sie hiermit zu Sumpfzypressen. Dass mir bloß keiner von den Schlaubergern zuhause meine Sumpfzypressen madig macht! SUMPFZYPRESSEN!



Das Ende der Welt

Venice ist der südlichste Punkt Louisianas. Deshalb hat man dem 450-Seelen Dorf auch den Spitznamen „The end of the world“ verliehen.


Ich lasse das Ende der Welt zunächst einmal links liegen und fahre noch fast sieben Kilometer weiter, immer geradeaus. Ganz unspektakulär endet die Straße auf einmal - und ich stehe am Golf von Mexiko. Ich bin am Ziel.


Hätte mich jemand in dem Augenblick gefragt, wie ich mich denn jetzt so fühle, nach all den Tagen, Wochen und Monaten im Sattel, nach all den Kilometern und Erlebnissen - ich hätte vermutlich mit den Schultern gezuckt und gesagt: „Kann ich nicht sagen. Im Augenblick weiß ich nur, dass ich Hunger habe und morgen weiter in Richtung Kalifornien radeln könnte.

E N D E

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Zum Schluss eine kleine Bitte in eigener Sache. Mich interessiert, wie viele Leute diesen Reisebericht regelmäßig verfolgt haben. Außerdem wüßte ich gerne, was diesen Lesern (besonders) gefallen/ (gar) nicht gefallen hat. Deshalb die Bitte, mir entweder per Kommentar im Blog oder per Mail an Hermann.Plasa@gmail.com eine kurze Rückmeldung zu schicken: „Das hat mir gefallen“, „Das hat mir nicht gefallen“, „Das habe ich vermisst“, „Davon mehr!“, „Davon weniger!“ So in der Richtung, ja?.

Vielen Dank!

Hermann Plasa

9 Kommentare:

  1. ICH habe jeden Tag deinen blog verfolgt.
    Was ich vermisst habe? DICH!
    :)

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  2. Hallo Hermann,

    ich habe Deine Seite jeden morgen aufgesucht um immer den neuesten bericht Deiner Reise zu lesen. Ich kann aus meiner Sicht nichts negatives über Deine Berichterstattung sagen. Mach einfach weiter so und ich binn schon gespannt auf Deine nächste Reise.

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  3. Hi man,
    ich hab alles mit Begeisterung gelesen. Nicht immer tagesaktuell sondern in Blöcken - einer muss ja was arbeiten. Ich freu mich, wenn du wieder zurück bist.

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  4. Hallo Hermann,

    zunächst erst einmal möchte ich Dir für die erbrachte Leistung meinen Respekt zollen, sowohl die Leistung auf dem Radl als auch auf der Tastatur und am Schnitttisch.
    Ich finde zwar meistens irgend einen Grund zum Meckern, aber diesmal fällt's mir ausgesprochen schwer.
    In die Kategorie „Das hat mir gefallen“ kommt auf jeden Fall die Kombination aus Blog und Video-Tagebuch. Einen besseren Eindruck kann man meines Erachtens nach nicht vermitteln.
    Unter „Davon mehr!“ würde ich Deinen Schreibstil verbuchen. Reisebeschreibungen haben in der Regel etwas langatmiges an sich. Deine mit feinstem Humor durchsetzten Beiträge hatten zu keiner Zeit etwaslLangweiliges an sich. Ich wette, Du hattest beim Schreiben regelmäßig einen Sarkasmus...
    Und wenn Du alle Deine Beiträge in Buchform veröffentlichst, kannst Du Dir mittlerweile sogar Hoffnungen auf irgendeinen der Nobelpreise machen (vielleicht solltest Du vorher noch Frieden mit den Truckern schließen...)

    Ich kann für mich behaupten, Dein Tour-Tagebuch (mit leicht verspätetem Einstieg - mea culpa) genossen zu haben.

    Ein bekannter Dichter hatte in leicht abgewandelter Form schon mal geschrieben: "Ein Blog von Dir, ein Clip mehr unterhält
    Als alle Weisheit dieser Welt."

    In Diesem Sinne-
    Da capo!

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  5. Es hat viel Spaß gemacht, Ihre Berichte zu lesen, wie ein bayrischer Bill Bryson.

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  6. Bravo Herm, sauber gmacht,
    deine Berichte waren so lebendig, daß ich nach langen Touren Muskelkater verspürte, bei Sauwetter eine Erkältung herannahen fühlte, abends das Bett genau untersuchte, wenn eine Begegnung mit Kriechtieren geschildert wurde. Zum kritisieren gibts eigentlich nichts, außer vielleicht -warum so viele Pannen haben?
    Freue mich schon auf Deine Rückkehr
    Radlpeter

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  7. I enjoyed your trip, following each day with interest, having spent my entire life living along / near the Upper Mississppi River.
      Z in Hannibal, Missouri.
      iowaz@swbell.net
      iowaz@hotmail.com
      http://www.iowaz.info/
      http://public.fotki.com/iowaz/

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  8. Wunderbarer Reisebericht! Interessant und witzig geschrieben, schön zu lesen und zu verfolgen.
    Sag, Hermann, warum hast Du nur schwarze Klamotten an?

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